Der Weg zum Frauenstimmrecht – Stöbern im Pressearchiv

50 Jahre Frauenstimmrecht, das bedeutet auch viele Jahre Kampf um Themenführerschaft, Einflussnahme und Meinungsbildung. Wie haben Frauen in der Vergangenheit auf sich aufmerksam gemacht? Mit der Recherche des Monats stöbert die NB in Dokumenten der Zeit und taucht ein in die damalige Stimmung.

Rückblick auf den 7. Februar 1971: 65,7 % der Schweizer Männer sagen Ja: Das Stimm- und Wahlrecht für Frauen auf eidgenössischer Ebene wird angenommen. Was heute selbstverständlich scheint, musste erkämpft werden. 

Aufmerksamkeit, Öffentlichkeit: Vereine, Zeitungen, Zeitschriften

Wie haben die Frauen  ihren langen Kampf vor 1971 organisiert und auf sich aufmerksam gemacht? Einerseits war Austausch in den Vereinen von grosser Bedeutung. Als Kanäle, um Ideen und Anliegen weiterzuverbreiten, dienten die entsprechenden Mitteilungsblätter. Andererseits nahm sich die an Reichweite gewinnende Presse des kontroversen Themas an. Historische Artikel, Leserbriefe und Inserate ermöglichen uns heute ein Eintauchen in die zeitgenössischen Stimmungen und Denkweisen. In der Folge präsentieren wir einige Fundstücke.

Die Fotografie zeigt den Text der Katalogkarte. Links oben die Signatur der NB, rechts oben den Titel «Frauenrecht». Im mittleren und unteren Bereich der Karte sind Informationen zum Bestand notiert.
Katalogkarte der NB mit den Metadaten zur Publikation «Frauenrecht» mit Publikationsdatum 1892 bis 1893, herausgegeben von Emilie Kempin-Spyri

«Ketzerische» Gedanken seit 1887 

In der Beilage der «Züricher Post» vom 1. Januar 1887 veröffentlichte die Historikerin Meta von Salis ihre «Ketzerische(n) Neujahrsgedanken einer Frau». Sie schreibt: «Von den vielen Fragen, welche die Gleichstellung der Frau mit dem Manne mit sich bringt, habe ich am längsten gezögert, diejenige zu bejahen, welche sich auf ihre bürgerlichen Rechte – die Pflichten gesteht man ihr ja bereitwillig zu – bezieht. Umso rückhaltsloser bejahe ich sie jetzt nach jeder Seite hin. Stimmrecht und Wahlfähigkeit (aktiv und passiv) kommt ihr zu».

1928 blickte die Zeitschrift «Le mouvement féministe» auf die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) zurück und analysierte in der Ausgabe vom 26. Oktober, ob die Ausstellung das Frauenstimmrecht weitergebracht hat: «Les opinions sont différentes à cet égard» («Hierzu gibt es unterschiedliche Ansichten»), schrieb Chefredaktorin Emilie Gourd dazu.
Am 12. März 1937 berichtete die «Berna» des Bernischen Frauenbundes über die Konferenz des Weltbundes für das Frauenstimmrecht und erwähnte Emilie Gourds optimistische Rede zu einer Gesetzesinitiative für das Frauenstimmrecht im Kanton Genf: «In jedem anderen Land verleiht ein Parlament, sogar ein Diktator, den Frauen das Stimmrecht, bei uns muss die Mehrheit der männlichen Bürger von dessen Güte überzeugt werden – welche Arbeit, aber auch welch ein Sieg!».

Unterbäch und die Stimmrechtsdamen

Im Vorfeld zur 1959 angesetzten nationalen Stimmrechts-Abstimmung meldete die Presse 1957, dass die Walliser Gemeinde Unterbäch den Frauen für eine Abstimmung das Stimmrecht gewährt hatte. Der «Walliser Bote» vom 8. Februar fragte: «Frauenstimmrecht im Operettenstil?» und rät den «Stimmrechtsdamen», sich in Geduld zu üben.

Bei der ersten Abstimmung über die Einführung des eidgenössischen Stimm- und Wahlrechts für Frauen vermeldete «La Liberté» am 2. Februar 1959: « Ainsi, le peuple des hommes a décidé, à une majorité de deux contre un, qu'il formerait seul le peuple souverain, et que l'opinion des femmes, soit de la majorité des adultes du pays, ne compterait pas dans la balance. » (« So beschloss das Volk der Männer mit einer Mehrheit von zwei zu eins, dass es allein das souveräne Volk sei und dass die Meinung der Frauen, der Mehrheit der Erwachsenen im Land, nicht zähle.»).

Nach dem «Nein» der Männer 1959 änderten sich die Lage langsam. Am 1. März 1969 tagten die Frauenverbände in Bern. Es bildete sich auch ein Protestzug: «Gegenüber der eindrücklichen, würdig verlaufenen Kundgebung der schweizerischen Frauenverbände fiel die (polizeilich bewilligte) Demonstration im Rahmen des ‹Marsches auf Bern› sichtlich ab», urteilt «Der Bund» vom 3. März 1969, und illustriert den Artikel mit einem Bild des «Sit-ins» der «jugendlichen Demonstranten».

Rechte und Pflichten

Am 7. Februar 1971 sagen die Schweizer schliesslich «Ja». Einige Stände votierten allerdings mit «Nein», so der Thurgau. Dem «Bote vom Untersee und Rhein» vom 9. Februar diente die hohe Stimmbeteiligung als Erklärung. Er betonte, dass mit den Rechten auch Pflichten einhergingen. Frauen müssten sich ab jetzt ein Urteil erarbeiten: «Als solcherart verantwortungsbewusste und wirklich vollwertige Staatsbürgerinnen sollen sie uns herzlich willkommen sein!». Da sind sie wieder, die Pflichten – und erinnern uns an Meta von Salis’ Neujahrsgedanken von 1887.

Literatur und Quellen

Letzte Änderung 20.09.2021

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