Auf der Suche nach dem Künstler mit den Eulen

Als Gedächtnis der Schweiz sammelt, erschliesst, konserviert und vermittelt die NB auch Publikationen über Schweizer Kunst. Auf der Suche nach dem bekannten Schweizer «Eulen-Künstler» Celestino Piatti wird man somit fündig: Viele der von ihm gestalteten Bücher und Plakate werden in der NB aufbewahrt, ebenso Publikationen über sein Leben und sein Werk.

Ein Eulenpaar mit grossen, roten Augen blicken durch eine schmale Öffnung in einer grauen Steinmauer.
Illustration aus dem Bilderbuch «Eulenglück» von Celestino Piatti, 1993
© NordSüd Verlag AG, Zürich/Schweiz

Markante schwarze Konturen, kräftige Farben und immer wieder die Eule mit den grossen, aufmerksamen Augen: Das ist der unverwechselbare Stil von Celestino Piatti, dessen Geburtstag sich 2022 zum hundertsten Mal jährt. Die ersten Piatti-Eulen fanden 1963 den Weg in die Kinderzimmer: Der Schweizer Artemis Verlag publizierte das von Piatti illustrierte Bilderbuch «Eulenglück». Die Bildsprache mit den Eulen-Augen kam weitherum gut an. Die französischsprachige Version «Bonheur des chouettes» kam etwas später, 1967, in die Buchhandlungen. Das Buch wurde schliesslich in viele Sprachen übersetzt. Kinder und Erwachsene freuen sich bis heute über die freundlichen Piatti-Eulen.

Die Augen der Eule

Porträt einer Eule mit grossen, roten Augen und gelbem Schnabel.
Illustration aus dem Bilderbuch «Eulenglück» von Celestino Piatti, 1993
© NordSüd Verlag AG, Zürich/Schweiz

Eulen tauchen in Piattis Werk immer wieder auf, in Kinderbüchern, als Motiv auf Plakaten, Druckgrafiken, Malereien, als Gebrauchsgrafik auf Objekten. Was hat Piatti an den Eulen fasziniert? In einem Interview, das im Oktober 1969 in der Zeitschrift Die Frau erschienen ist, erklärte der Künstler: «Dieses Tier liess mich, vor allem seiner Augen wegen, nicht mehr los. Beinahe jede Zeichnung von mir hat irgendwo ein Auge. Es fasziniert mich und hat eine wichtige Bedeutung für mich.» In der Schweizer Illustrierten erklärt er im März 1992: «Man kann die Eule tausendmal zeichnen, aber an ihr Geheimnis kommt man nicht heran. Sie hat ein flaches Gesicht, und damit sieht sie dem Menschen sehr ähnlich. In die Augen kann man alles legen: Freude, Trauer, Schmerz, Ernsthaftigkeit». Die Eule erscheint symbolhaft als Geheimnis- und Bedeutungsträgerin zugleich.

Der unermüdliche Schaffer

Vor hundert Jahren, am 5. Januar 1922, wurde Piatti nahe Dübendorf geboren. In Zürich absolvierte er die Grafikerlehre, danach bildete er sich in Basel weiter und widmete sich der Gebrauchsgrafik. 

Piatti arbeitete mit Vereinfachung und Reduktion. Die schwarzen Konturen der Bildmotive und die Farbzonen erinnern oft an Glasmalereien. Die Symbolkraft der Werke bringt künstlerischen Ausdruck und Inhalt in Einklang: «Der Gedanke des Symbols zwingt zu einer einfachen Darstellung, und mit den Konturen wird das Einfache verstärkt. Ein einfacher Stil genügt», so Piatti gegenüber der Schweizer Illustrierten.

Intensiv setzte er sich mit der Gestaltung von Plakaten auseinander. Sie gehörten zu den ersten Aufträgen, die er ab 1948 in seinem Atelier ausführte. Klares Hauptmotiv, reduziert, abstrahiert. Tiermotive finden sich häufig, oft menschliche Eigenschaften spiegelnd. Auch als Plakat-Motiv taucht die Eule wieder auf. Piatti entwarf über fünfhundert Werbeplakate, oft zu humanitären und gesellschaftspolitischen Themen. Bekannt geworden sind etwa die Plakatserien für die Mustermesse und für das Comptoir suisse.

Der Hausgrafiker

Eine grosse Aufgabe bot sich Piatti ab 1961 mit dem Auftrag für den grafischen Auftritt des neu gegründeten Deutschen Taschenbuchverlags dtv: Während dreissig Jahren war er als «Hausgrafiker» bei dtv für die Gestaltung der Buchcovers zuständig. Über 6000 Covers hat Piatti für dtv umgesetzt: Schwarze Schrift, weisser Hintergrund und die typische Bebilderung. Künstlerisch, funktional und klar strukturiert wecken die Titelillustrationen Interesse. «Mit dem weissen Grundton wollte ich mir für die Zukunft einfach alle Möglichkeiten für die Illustrationen offen halten», erklärte Piatti der Schweizer Illustrierten sein Konzept.

Plakate, Bücher, Kunstblätter, Briefmarken oder auch Illustrationen für den Nebelspalter hat Piatti geschaffen, ein vielseitiges Werk. In der Graphischen Sammlung der NB finden sich rund achtzig Plakate von Celestino Piatti, in der Helvetica-Sammlung von Piatti illustrierte Bücher sowie Publikationen über ihn und sein Lebenswerk. Eine Recherche im Katalog HelveticAll ermöglicht ein Eintauchen in das Lebenswerk des «Künstlers mit den Eulen». Im Dezember 2007 starb Celestino Piatti. Die Eule hat ihn ein Leben lang begleitet.

Literatur und Quellen

Letzte Änderung 15.08.2022

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