Das Theater inszeniert eine Spielwirklichkeit, die von der gesellschaftlichen Wirklichkeit nie ganz zu trennen ist – und, je nach Ansatz, auch nicht zu trennen sein soll.
Die historischen und aktuellen Formen von Theater und ihre gesellschaftlichen Wechselwirkungen sind vielfältig. Sie reichen von der Inszenierung der Gemeinschaft und Konstruktion nationaler Identität im Schweizer Festspiel der sogenannten Geistigen Landesverteidigung bis zu den provokativen Versuchsanordnungen, mit welchen Lukas Bärfuss gesellschaftliche Phänomene der Gegenwart freilegt. Herbert Meier erforscht im Umgang mit der Festspiel-Tradition neue Möglichkeiten des dramatischen Umgangs mit kollektiver Geschichte. Bei Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch zeigt sich hinter vordergründigen Parallelen ein grundlegend divergierendes Verhältnis zur Möglichkeit einer Entwicklung zum Besseren. Rolf Hochhuth zählt auf die aufklärerische Wirkung des Dokumentarischen. In den Theatertexten von Thomas Hürlimann richtet sich die Schweizer Gesellschaft zur Zeit des Zweiten Weltkriegs als Zuschauerin der sie umgebenden historischen Katastrophe ein. Die Spannungen zwischen literarischem Text und Praxis des Regietheaters zeigen sich exemplarisch in den Erfahrungen der Dramatikerin Maja Beutler.
Mit Beiträgen von Ursula Amrein, Lukas Bärfuss, Franziska Kolp, Peter von Matt, Elio Pellin, Rudolf Probst, Ursula Ruch, Peter Utz und Ulrich Weber.
Bd 2: «Wir stehen da, gefesselte Betrachter» - Theater und Gesellschaft. Hg. von Elio Pellin und Ulrich Weber. Göttingen: Wallstein, Zürich: Chronos 2010
Letzte Änderung 01.11.2010