Für einmal stand an einer nationalen Leistungsschau nicht die Wirtschaft, sondern die Kunst im Zentrum. Der Schweizer Pavillon auf der Weltausstellung 1992 in Sevilla präsentierte die Produkte der helvetischen Kreativindustrie. Das stiess nicht überall auf Gegenliebe. Besonders ein Bild erhitzte die Gemüter. In schwungvollen Lettern verkündete der Künstler Ben Vautier: „Suiza no existe".
Die Schweiz gibt es nicht: Das ging dann doch zu weit. Nachdem die Empörung zu einer Interpellation im Ständerat geführt hatte, deutete Bundesrat Pascal Delamuraz Ben Vautiers Bild als Hinweis auf die sprachliche, kulturelle und topografische Vielfältigkeit der Schweiz. Für die Kritiker blieb der Satz trotzdem ein Zeichen für ein besorgniserregendes Absterben des eidgenössischen Selbsterhaltungstriebs.
War der Auftritt der Schweiz eine Bankrotterklärung der Nation oder eine Einladung zum Nachdenken über die eigene Identität? Indem Vautiers Satz diesen Widerspruch wie in einem Brennglas sammelte, wurde er zum Motto einer Schweiz, die nach sich selber suchte.
Die Weltausstellung 1992 zeigte, dass Schweizer Kunst international für Aufsehen sorgte. Das lag mitunter auch an einer Professionalisierung und Aktualisierung der helvetischen Kulturförderung. Die hitzige Debatte um Vautiers Bild verhandelte die Frage mit, ob dieser Wandel gewünscht sei. Vielleicht geriet deshalb das zweite von Vautier in Sevilla gezeigte Bild in Vergessenheit. Wen sollte das versöhnliche Schriftbild interessieren, das verkündete: „Je pense donc je suisse"?
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Aus unserem Bestand
Ben Vautier, Suiza no existe – Je pense donc je suisse.
In: 150 ausgewählte Kunstwerke des 19. und 20. Jahrhunderts.
Auktion in Bern, Freitag, den 20. Juni 2003, nachmittags 14.15 Uhr, [Auktionskatalog], Bern: Galerie Kornfeld 2003 (Auktion 230, 1. Teil), Werknummer 143 im Katalog.
Verzeichnet im Vereinschriftenkatalog der NB mit der Signatur: V BE 5210 (2003)