Wissenschaftlicher Workshop «Vor der Öffentlichkeit»

Workshop III der Reihe «Zukünfte der Philologien» mit Krypto-Workshop zu Jonas Fränkel am 5./6. Mai 2022 in der NB und im Haus der Universität Bern

Vor der Öffentlichkeit
Urs Jaeggi: Modell für Holocaust-Denkmal in Berlin (1994)
© Archiv Urs Jaeggi / Schweizerisches Literaturarchiv, NB

Der Workshop umreisst das Vor und das Nach der Publikation von Werken als «kritische Zone» in Nachlässen im Sinne einer «terra incognita». Er verlässt damit die schreibprozessbezogene Beschreibung der «critique génétique» zugunsten der Vorstellung einer räumlichen Ordnung der Texte in Archiven, in Netzwerken und in Zirkulation. Dieser Raum ist offen, dennoch wird er mit dem Transfer ins Archiv reguliert: in einer juristischen Vereinbarung, quantitativ und qualitativ geschätzt, einschliesslich der unbekannten und künftigen «archivalischen Ressourcen».

Bei Übergabe an die Institution Literaturarchiv erfolgt eine doppelte Selektion: eine Kassation durch die Bestandsbildner und eine durch die Institution. Der Transfer ins Archiv dient nicht nur der Erhaltung des Materials über Klima und Zeit. Sie ist auch eine Übergabe an die Öffentlichkeit, also ein zweiter Akt der Publikation, weil die öffentliche Hand jeden Vor- oder Nachlass mit wenigen Einschränkungen für das Publikum zugänglich machen oder herausgeben kann.

Das Nicht-Entsorgte wird zum nachlassfähigen Privatarchiv, das, sobald es von einem öffentlichen Literaturarchiv übernommen wird, zu einer Zone der Vor-Veröffentlichung wird. Die Frage stellt sich, wie sich dieser Zwischenraum beschreiben lässt, und wie er ediert vor dem Publikum steht.

Das Thema «vor der Öffentlichkeit» ist besonders dem Fall Jonas Fränkel (1879–1965) gewidmet. Das bewegte Leben dieses jüdischen Literaturwissenschaftlers ist mit einem hellen und einem dunklen Kapitel der Schweizer Geschichte verbunden: Dank ihm wurde Carl Spittelers Werk stark gefördert. Doch Fränkel litt auch zeit seines Lebens unter persönlicher und professioneller Ausgrenzung. Sein Nachlass zeigt die ganze Ambivalenz zwischen Exklusion und Inklusion. Seit 2021 im Schweizerischen Literaturarchiv, steht sein Vermächtnis vor der Öffentlichkeit und der Veröffentlichung, umgekehrt steht die Forschung vor einem noch schwer zugänglichen Kapitel der Philologie.

Besuch

Am 5. Mai 2022 in der Schweizerischen Nationalbibliothek
Saal Friedrich Dürrenmatt

Am 6. Mai 2022 im Haus der Universität Bern
Schlösslistrasse 5
3008 Bern
Seminarraum 1. Stock

Organisation:
Dr. PD Irmgard M. Wirtz (Schweizerisches Literaturarchiv, Leitung)
Prof. Dr. Uwe Wirth (Justus-Liebig-Universität Giessen)

Kontakt

Schweizerische Nationalbibliothek
Schweiz. Literaturarchiv
Mathias Arnold
Hallwylstrasse 15
3003 Bern
Schweiz
E-Mail

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