28.–30. September 2017, Schweizerische Nationalbibliothek

Korrespondenz als Werk?
Rainer Maria Rilke hat, wie andere bedeutende Dichter der Moderne, ein reichhaltiges und vielfältig ausgreifendes Briefwerk hinterlassen. Quantitativ, aber auch im Hinblick auf die ästhetische Tragweite und biographische Persistenz dieser Selbstzeugnisse, lässt sich vom Textkorpus des passionierten Briefschreibers und Briefpartners als von einem «Werk neben dem Werk» sprechen, wohl gar auch von einem «Werk im Werk». Aber wie genau ist die Beziehung beider, ist das Verhältnis von literarischer Produktivität und brieflicher Korrespondenz zu denken?
Das Schweizerische Rilke-Archiv
Rilkes Korrespondenz war die Brautgabe für das Schweizerische Rilke-Archiv in Bern: Rund 450 Rilke-Briefe der Mäzenin Nanny Wunderly-Volkart gelangten 1951 in die Landesbibliothek. Weitere Briefsammlungen haben sich darum angelagert. Rilkes Korrespondenzen mit der Mutter, dem Verleger und den Lektoren, den Frauen und Mäzeninnen sind angereichert mit Widmungsexemplaren, Gedichtabschriften und Gedichtübersetzungen. Sie sind Zeugnisse einer Schriftkultur, die in ihrer poetischen, kommunikativen und materiellen Qualitäten im Zentrum der Tagung Rilkes Korrespondenzen stehen soll.
Korrespondenz zwischen Biographik und Kulturgeschichte
Für eine umfassende Beschäftigung sowohl mit Rilkes dichterischer Entwicklung als auch mit seinen lebensgeschichtlichen Wegen und Stationen bieten seine Briefe und der Briefwechsel einen höchst ergiebigen Quellenfundus und wurden als solcher auch von der Biographik und Literaturgeschichte bereits vielfach herangezogen. Darüber hinaus aber besitzt das epistolarische Schaffen Rilkes einen hohen semantischen Eigenwert, der in seinen Dimensionen noch weitgehend zu entdecken ist.
Tagungsprogramm
Bern, 28.–30.9.2017, Schweizerische Nationalbibliothek
Donnerstag, 28.9.2017
14.00 Alexander Honold / Irmgard M. Wirtz
Begrüssung und Einführung
14.30 Stefan Kammer (München)
Schlechte Einheit. Zur Epistolaritätbdes Erzählens in Rilkes Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge
Kaffeepause
16.00 Erich Unglaub (Braunschweig)
Edition oder die Suche nach den Manuskripten. Die verschwundenen «Briefe an einen jungen Dichter»
17.15 Führung durch die Ausstellung Rilke und Russland
Pause
18.30 Ilma Rakusa (Zürich)
Lesung und Gespräch Zauber und Gegenzauber. Auf Rilkes Spuren in Russland
Moderation: Irmgard M. Wirtz
Eintritt: CHF 10.–, Vorverkauf ab 7.9.2017
Tel. 058 465 02 57, www.kulturticket.ch
Freitag, 29.9.2017
9.00 Torsten Hoffmann (Frankfurt / Göttingen)
«Aber ich bin ein Ungeschickter des Lebens». Figuren des Scheiterns in Rilkes Briefen an Lou Andreas-Salomé
10.00 Friederike Felicitas Günther (Tübingen/Erlangen)
Spiegelungen in der Korrespondenz zwischen Lou Andreas Salomé und Rilke im Juni 1914
11.00 Gesine Bey (Berlin)
«Dort, in der Buchhandlung, traf ich eine Russin, eine seltsame Frau …». Rilke in Briefen über Angela Guttmann (1919–1922)
Mittagspause
13.30 Manfred Koch (Sent/Basel)
Vom «Werk des Gesichts» zum «Herzwerk». Der Briefwechsel mit Magda von Hattingberg
14.30 Jörg Schuster (Frankfurt am Main/Marburg)
Brief-Bewegungen. Rainer Maria Rilkes Epistolographie
Kaffeepause
16.00 Brigitte Duvillard (Sierre)
Von München nach Sierre. Rilkes Korrespondenz mit Marietta Courten
17.00 Christoph König (Osnabrück)
Mittlere Reflexivität – oder: Wie Rilke in den Briefen die Idiomatik seiner Dichtung vorbereitet
Samstag, 30.9.2017
9.00 Martina King (Bern/Innsbruck)
«Pathmos ist eine dürre Insel»: Der Autor Rilke als intertextuelles Gesamtkunstwerk der Moderne
10.00 Franziska Kolp (Bern)
Korrespondenzen aus Rilkes letztem Lebensjahr
11.00 Jeanne Wagner (Genf)
Die Zweisprachigkeit in Rilkes spätem Dichten und Briefeschreiben: Eine interlinguale Poetik?
12.00 Abschlussrunde
Konzept und Organisation Alexander Honold (Deutsches Seminar der Universität Basel) Irmgard M. Wirtz (Schweizerisches Literaturarchiv, Bern) Im Rahmen der Ausstellung Rilke und Russland
Letzte Änderung 22.05.2017