Zauber und Gegenzauber. Auf Rilkes Spuren in Russland

Ilma Rakusa. Foto : Giorgio von Arb
Ilma Rakusa. Foto : Giorgio von Arb

Aus Anlass des trinationalen Forschungs- und Ausstellungsprojekts „Rilke und Russland" reiste die Autorin und Übersetzerin Ilma Rakusa auf Rilkes Spuren durch Russland. Ihr Reisejournal ist im Katalog zur Ausstellung publiziert, die bis 10. Dezember in der Schweizerischen Nationalbibliothek und im Strauhof Zürich zu sehen ist. Auf Einladung des Schweizerischen Literaturarchivs liest Ilma Rakusa aus ihrem Essay, dessen Anfang wir hier publizieren dürfen:

„Nennen wir es eine Fügung oder einen glücklichen Zufall, dass ich auf Rilkes Spuren durch Russland reise. Rilke und Russland - sie begleiten mich schon lange. Meine Kindheit verbrachte ich in Triest, unweit von Schloss Duino, wo Rilke seine grossartigen Duineser Elegien schrieb. Der Umzug in die Schweiz brachte mir Orte wie Bad Ragaz, Muzot und Raron näher. Während meines Studienjahrs in Paris ging ich mit Rilke-Gedichten in den Jardin du Luxembourg, zu Rodin und zur rätselhaften Dame à la Licorne im Musée de Cluny und litt mit Malte Laurids Brigge unter der Anonymität der Grossstadt. Geborgenheit bot das Singen im russischen Kirchenchor. Russland war meine Obsession, ich studierte - angeregt von früher Dostojewskij-Lektüre - Slawistik. Das Igorlied in Rilkes poetischer Übertragung hatte ich mir früh angeschafft, dem Herausgeber Dmitrij Lichatschow bin ich 1969 in Leningrad begegnet, als ich ein Jahr lang in der Publitschnaja Biblioteka an meiner Dissertation arbeitete. Hier, wo Rilke im Sommer 1900 über Wochen kunsthistorische Werke studierte (die "Publitschnaja" hiess damals "Kaiserliche Bibliothek"), exzerpierte ich Tag für Tag Bücher über die Puschkin-Zeit und den Symbolismus. Fotokopiergeräte gab es keine, Hand und Gedächtnis waren gefordert. Mein russisches Ostererlebnis hatte ich 1970 im Nikolskij Sobor: Ikonengold, Gesang, Weihrauchduft, Kerzenglanz und die ungebärdige Freude: Christos woskrese, Christus ist auferstanden! Der euphorische Ruf verwandelte das sowjetische Alltagsgrau in überzeitliche Helle. "Gott ist gelb", notierte ich damals und fand in Rilkes "Stunden-Buch" ein vertrautes Kolorit. Neugier führte mich von Leningrad aus in altrussische Städte wie Welikij Nowgorod, Jaroslawl und Rostow Welikij, wo ich auf wunderbare Kirchen stiess, die die Verheerungen von Revolution und Krieg überstanden hatten. Und doch war es ein ganz anderes Russland als jenes, das Rilke siebzig Jahre zuvor erlebt hatte."

Die Veranstaltung wird moderiert von Irmgard M. Wirtz

Donnerstag, 28. September 2017, 18.30 Uhr
Schweizerische Nationalbibliothek, Hallwylstrasse 15, 3005 Bern
Die Ausstellung „Rilke und Russland" ist am Tag der Veranstaltung bis 21.00 Uhr geöffnet. Der Eintritt in die Ausstellung ist frei.

Besuch

Eintrittspreis CHF 10.–

Vorverkauf ab dem 7. September 2017

Karten erhalten Sie über die Verkaufskanäle von www.kulturticket.ch oder am Empfang der Schweizerischen Nationalbibliothek, Tel. 058 465 02 57.

Reservierte Tickets müssen bis 15 Minuten vor Beginn abgeholt werden, die Plätze werden sonst freigegeben.


Letzte Änderung 28.09.2017

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