Mariella Mehr – «Widerworte» und «Trilogie der Gewalt»

«Ich tauge nicht für’s moderate Schreiben.»
Mariella Mehr, «Vom Mythos der Schweiz als Insel» (1999)

Cover der Publikation «Widerworte». Das Umschlagbild stammt von Meret Oppenheim, Mariella Mehrs Lieblingskünstlerin. Das Bild von 1936 heisst «Roter Kopf, blauer Körper».
Das Umschlagbild stammt von Meret Oppenheim, der Lieblingskünstlerin von Mariella Mehr. (Foto: Simon Schmid, NB)

So streitbar, angriffig und zugleich sprachsensibel wie Mariella Mehr ist kaum eine andere Schweizer Autorin. Als Reporterin und Schriftstellerin beleuchtete sie vor allem die Ränder der Gesellschaft, als Journalistin beteiligte sie sich massgeblich an der Aufarbeitung der Pro-Juventute-Aktion «Kinder der Landstrasse», und als Jenische kämpfte sie für die Anliegen der Fahrenden. Mariella Mehrs literarisches und publizistisches Werk besticht durch seine Radikalität und existenzielle Dringlichkeit. In der Schweizer Gegenwartsliteratur nimmt es mit seiner thematischen und sprachlichen Schonungslosigkeit einen singulären Platz ein.

Zum 70. Geburtstag der Autorin hat der Limmat Verlag das Hauptwerk von Mariella Mehr, die sogenannte Trilogie der Gewalt, neu aufgelegt. Die Romane stellen nicht nur Opfer, sondern auch Täterinnen in den Mittelpunkt. In Daskind geht es um ein fremdplatziertes Kind, das mit Sprachverweigerung auf das feindliche Umfeld reagiert, im Mittelpunkt von Brandzauber stehen zwei Erwachsene – eine Jüdin und eine Romni –, die von ihrer Vergangenheit eingeholt werden, und in Angeklagt schliesslich geht es um eine Jugendliche, die sich als Brandstifterin für erlittenes Unrecht rächt.

Der von Christa Baumberger und Nina Debrunner herausgegebene Band Widerworte bietet erstmals einen Überblick über Mariella Mehrs literarisches und journalistisches Schaffen. Er versammelt Fundstücke aus dem Archiv im SLA: unveröffentlichte Kurzprosa, Reden, Reportagen und Gedichte, begleitet von Essays und Gesprächen mit Autorinnen, Kritikern und Literaturwissenschaftlerinnen. Mariella Mehr wird in all ihren Facetten sichtbar: als streitbare Publizistin ebenso wie als sensible Literatin mit einem feinen Gespür für sprachliche Zwischentöne.

 

Bibliografische Angaben:

Christa Baumberger und Nina Debrunner (Hrsg.), Mariella Mehr. Widerworte.

Geschichten, Gedichte, Reden, Reportagen, Beiträge von Anna Ruchat, Nina Debrunner, Christa Baumberger, Martin Zingg, Fredi Lerch, Melinda Nadj Abonji und Beate Eder-Jordan, Zeichnungen und Bilder von Meret Oppenheim und Walter Arnold Steffen, Zürich, Limmat Verlag, 2017

Mariella Mehr, Daskind – Brandzauber - Angeklagt, Romantrilogie, Zürich, Limmat Verlag, 2017

Buchpublikation und Erschliessung wurden massgeblich von der Christoph Geiser-Stiftung ermöglicht.

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Letzte Änderung 29.08.2018

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