Flashback 125 NB – Esperanto in der Schweiz

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Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Schweizerische Nationalbibliothek gegründet. In dieser Zeit entstand die Esperanto-Bewegung mit ihrer humanistischen Plansprache, die auch in der Schweiz ihre Wegbereiter hatte.

Erste Reihe von rechts nach links an 4., 5. und 6. Stelle: Edmond Privat, René de Saussure und Hector Hodler.
Gruppenbild der Mitglieder der Schweizerischen Esperanto-Gesellschaft an ihrem Kongress in Solothurn 1909.
© Svisa Esperanto-Societo, Allsprachendienst Esperanto GmbH

Unter dem Pseudonym Dr. Esperanto veröffentlichte der polnische Arzt Ludwik Lejzer Zamenhof 1887 mit dem Werk Internationale Sprache die Grundlagen des Esperanto. Die einfach zu erlernende Plansprache sollte keinem Land angehören, die Menschen verbinden und zur Sprache der internationalen Verständigung werden. Esperanto ist die weltweit am häufigsten gebrauchte Plansprache. Sie wird heute von rund 2 Millionen Menschen in 120 Ländern gesprochen, auch in der Schweiz.

Die Schweizer Pioniere 

1899 erschien in der Schweiz die erste Publikation über Esperanto, der Bericht des Genfer Philosophen Ernest Naville, der sich mit der Frage der internationalen Sprache auseinandersetzt. Dank ihm entdeckten und lernten Edmond Privat und Hector Hodler, der Sohn des berühmten Malers Ferdinand Hodler, 1903 die Esperanto-Sprache. Die beiden damals erst 14- und 16-jährigen zukünftigen Esperanto-Pioniere besuchten zusammen in Genf das Gymnasium. Sie trafen Naville regelmässig und gaben die Zeitung 5 heraus. Ebenfalls 1903 wurden die Schweizerische Esperanto-Gesellschaft und ihre Zeitschrift Svisa espero gegründet.

Drei Jahre später fand in Genf der von Hodler und Privat organisierte 2. Internationale Esperantisten-Kongress in Anwesenheit von Zamenhof statt. Mit dabei war auch René de Saussure, Esperantosprecher, Mathematiker und Bruder des Linguisten Ferdinand de Saussure. Seine in Zusammenarbeit mit seinem Bruder verfasste Studie über die Wortbildung ist grundlegend für die Esperanto-Sprache. 

1908 gründete Hector Hodler die Universala Esperanto-Asocio UEA, die ihren Sitz heute in Rotterdam hat. Während des Ersten Weltkriegs führte die UEA auf Initiative von Hector Hodler zahlreiche Hilfsaktionen durch. Hodler starb 1920 mit 32 Jahren an Tuberkulose. 1922 organisierte der Neuenburger Psychologe und Pädagoge Pierre Bovet in Genf den ersten internationalen Kongress über den Esperanto-Unterricht. Er wollte Esperanto zu einer pädagogisch anerkannten und in den Schulen unterrichteten Sprache machen. Der aufkommende Nationalismus in den 1930er-Jahren und schliesslich der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verhinderten dieses Vorhaben.

Schweizer Radio International

1946 führte Arthur Baur, ein Zürcher Journalist und Linguist, zusammen mit Edmond Privat im Schweizer Radio International in Bern ein Programm auf Esperanto ein. Als Edmond Privat 1962 starb, wurde Claude Gacond sein Nachfolger und moderierte die Sendungen auf Esperanto, bis sie 1992 aus Spargründen gestrichen wurden. In der Schweizer Presse wurde nur wenig und meist negativ über Esperanto berichtet, was sich erst änderte, als die UNESCO 1954 eine Esperanto-Resolution verabschiedete.

La Chaux-de-Fonds als Zentrum des Esperanto

Mit Unterstützung der Schweizerischen Esperanto-Gesellschaft gründeten Claude Gacond und Fernand Donzé, der damalige Direktor der Stadtbibliothek von La Chaux-de-Fonds, 1967 das Centre de documentation et d'étude sur la langue internationale (CDELI). Es entstand aus einer Rettungsaktion für die 1954 von Claude Gacond begonnen Esperanto-Archive und ist heute zusammen mit dem Esperantomuseum in Wien und der Bibliothek Hector Hodler in Rotterdam eines der drei grössten Esperanto-Forschungszentren. Das CDELI organisiert Esperanto-Kurse und es zeigte 1979 in der Schweizerischen Nationalbibliothek eine grosse Ausstellung über Esperanto und die Interlinguistik in der Schweiz. Ebenfalls in La Chaux-de-Fonds befinden sich das Esperanto-Kulturzentrum und der Fonds Edmond Privat in der Stadtbibliothek.

Dank dem Internet und Online-Kursen erlebt Esperanto im 21. Jahrhundert einen neuen Aufschwung. Aus Anlass des hundertsten Todestags von Hector Hodler 2020 publiziert das Jura-Brüschweiler-Archiv in Delsberg, das seinen Nachlass verwaltet, ein Buch und organisiert eine Wanderausstellung: eine gute Gelegenheit, um Esperanto durch die Persönlichkeit von Hector Hodler zu entdecken, der sich für den Frieden einsetzte und sein Leben der Universalsprache widmete.

Programm in Esperanto auf Radio Schweiz International

In der Vereinsschriften-Sammlung der NB

Svisa Esperanto Societo: NB-Signatur: V Schweiz 923

Bibliographie und Quellen

Letzte Änderung 09.11.2020

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