Auf der Suche nach den Worten «Krieg» und «Frieden»

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 kommen die Worte «Krieg» und «Frieden» in der Presse wieder öfter vor. Die «Quantitative Linguistik», eine Disziplin der Sprachwissenschaft, untersucht solche Aspekte des Sprachgebrauchs. Sie kann dabei auf digitalisierte Bibliotheksbestände wie die Schweizer Zeitungen auf der Plattform e-newspaperarchives.ch zurückgreifen.

Wie häufig wurden die Worte «Krieg» und «Frieden» und ihre Entsprechungen auf Französisch und Italienisch in der Schweizer Presse seit dem Jahr 1772 verwendet? Diese Frage lässt sich mithilfe der Statistikfunktion in e-newspaperarchives.ch (e-npa.ch) beantworten:

Sechs einzelne Säulendiagramme
Relative Häufigkeit von sechs Wörtern in Schweizer Zeitungen von 1772 bis 2021

In diesen Diagrammen fällt auf, dass sich die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts an der oberen Statistikreihe deutlicher ablesen lassen als an der unteren: Von 1914 bis 1918 und von 1939 bis 1945 wurden die Wörter «Krieg» / «guerre» / «guerra» viel häufiger verwendet als zu den anderen Zeiten. In dieser Deutlichkeit zeigt sich das in der unteren Statistikreihe nicht: Der Gebrauch der Wörter «Frieden» / «paix» / «pace» verteilt sich ausgeglichener über den beobachteten Zeitraum.

Verallgemeinernd lässt sich sagen: Von «Krieg» / «guerre» / «guerra» ist besonders oft die Rede, wenn er herrscht, wogegen die Worte «Frieden» / «paix» / «pace» im Zeitlauf ausgeglichener Verwendung finden.

Digitalisierte Tessiner Zeitungen

Besonders klar ersichtlich ist dieser Unterschied beim Gebrauch des italienischen Wortes «pace». Allerdings sind von den Schweizer Zeitungen italienischer Sprache in e-npa.ch nur wenige Titel (aus Graubünden) vertreten. Die meisten Tessiner Zeitungen wurden für das «Archivio digitale Sbt dei Quotidiani e Periodici» digitalisiert, das in ausgewählten Bibliotheken online zugänglich ist.

Die Analyse, wie oft die Worte «guerra» und «pace» in der Tessiner Presse vorkommen, ergibt das folgende Bild:

Säulendiagramm mit Säulen in zwei Farben für «guerra» und «pace».
Relative Häufigkeit der Wörter «guerra» und «pace» in Tessiner Zeitungen von 1870 bis 2018

An diesem Diagramm lässt sich ablesen, dass die Tessiner Zeitungen in den Jahren 1870 bis 2014 öfter das Wort «guerra» als das Wort «pace» verwendet haben. Die beiden Weltkriege zeichnen sich beim Gebrauch von «guerra» deutlich ab, während «pace» ausgeglichener verwendet wurde.

Beliebte Suchbegriffe beim Googeln

Für den Nachweis, wie gross das Interesse an bestimmten Wörtern in der jüngsten Vergangenheit war, bietet sich die Funktion Google Trends an. Dieses Statistikwerkzeug wertet die Suchbegriffe aus, die beim Googeln seit dem Jahr 2004 verwendet wurden:

Die zwei Liniendiagramme zeigen den Gebrauch der Wörter «Krieg», «guerre», guerra» einerseits und von «Frieden», «paix», «pace» andererseits.
Relative Häufigkeit von Suchbegriffen, die beim Googlen in der Schweiz eingegeben wurden von 2004 bis 2022

Im oberen der beiden Diagramme lässt sich der Angriff von 2022 auf die Ukraine am markanten Ausschlag des Suchbegriffs «Krieg» ablesen. Hingegen existiert bei den Suchbegriffen «Frieden» / «paix» / «pace» Ende Februar 2022 keine solche Spitze – jedoch zwei Ausreisser beim deutschen Wort «Frieden» im Februar 2006 und im November 2020. Der Ausreisser im Februar 2006 erklärt sich damit, dass Tanja Frieden am 17. Februar 2006 in Turin Olympiasiegerin im Snowboardcross wurde. Der Ausreisser vom November 2020 ist darauf zurückzuführen, dass das Schweizer Fernsehen SRF damals die historische Dramaserie «Frieden» in mehreren Folgen zeigte – wobei einige Szenen in den historischen Räumen der NB gedreht wurden. 

Google Trends zeigt, dass die Verwendung der Worte «Krieg», «guerre» und «guerra» deutlich stärker variiert als jener der Worte «Frieden», «paix» und «pace». Dieser generelle Befund stimmt überein mit den weiter zurück reichenden Statistiken in e-npa.ch und im Archivio.

e-Helvetica Access

Es gibt viele weitere Textbestände, in denen sich der wechselnde Gebrauch der Wörter «Krieg» und «Frieden» untersuchen liesse. Ein solcher Korpus stellt auch das Webarchiv Schweiz (über e-Helvetica Access) dar, in welchem die NB ausgewählte Websites aus der Schweiz für die Nachwelt eingesammelt, langfristig aufbewahrt und nutzbar macht – weshalb nicht auch für Zwecke der Quantitativen Linguistik?

Literatur und Quellen

Letzte Änderung 15.02.2023

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