Tagung «Lesen und Schreiben im Verborgenen. Jonas Fränkels Kryptophilologie»

Vom 15. bis 17. Oktober 2025 veranstalten das Schweizerische Literaturarchiv und die ETH Zürich eine öffentliche literaturwissenschaftliche Tagung zu Jonas Fränkel, die abends durch eine literarische Soirée bereichert wird.

Tagung des SNF-Forschungsprojekts

Das SNF-Forschungsprojekt Kryptophilologie. Jonas Fränkels «unterirdische Wissenschaft» im historischen und politischen Kontext wurde am Schweizerischen Literaturarchiv (SLA) in Bern sowie an der ETH Zürich entwickelt und untersucht das Paradigma des Kryptischen. Das Projekt untersucht den Nachlass von Jonas Fränkel, seine Arbeiten, Sammlungen, Studien und Veröffentlichungen. Dabei wird geschaut, welche historischen und wissenschaftlichen Bedingungen seine Arbeit geprägt haben. Der Begriff des «Kryptischen» ist nicht als Verweis auf bestimmte Kodierungs- oder Dekodierungsverfahren zu verstehen, sondern vielmehr als ein Konzept der Philologie, das sich als Wissenschaft im Verborgenen versteht.

Der Philologe Jonas Fränkel

Ein freundlich lächelnder Jonas Fränkel am Schreibtisch in seiner Bibliothek im Jahr 1948, fotografiert von Margit Schildhauser.
Jonas Fränkel in seiner Bibliothek. Fotografie
von Margit Schmidhauser, 1948, SLA, Bern,
Nachlass Jonas Fränkel, SLA-Fraenkel-C-1-e.
© Margit Schildhauser

Der jüdische Philologe Jonas Fränkel, geboren in Krakau und ab 1919 Schweizer Bürger, litt zeitlebens unter persönlicher und beruflicher Ausgrenzung und antisemitischen Tendenzen in Presse, Politik und Wissenschaft. Seine Arbeiten, etwa die kenntnisreiche Gesamtausgabe von Keller oder die Nachlassbearbeitung Spittelers, wurden von offizieller Seite nicht gewürdigt, die Keller-Ausgabe wurde gar als «Übersetzung ins Hebräische» verunglimpft. Obwohl Spitteler seinen Literaturnobelpreis des Jahres 1919 – den einzigen Nobelpreis für einen gebürtigen Schweizer Schriftsteller – dem Einsatz Fränkels verdankte, wurde letzterer nach dessen Tod vom Nachlass ferngehalten. Auch seine weiteren Arbeiten, etwa eine Gesamtausgabe oder eine Biografie Spittelers, wurden behindert. Nach Fränkels Tod verblieb seine Hinterlassenschaft, samt Kryptonachlass von Carl Spitteler, wie auch seine Gelehrtenbibliothek unzugänglich im Besitz der Familie. Erst 2019 kontaktierte die Urenkelin das SLA und öffnete den Weg zum verborgenen Nachlass ihres Urgrossvaters. 

Lesen und Schreiben im Verborgenen. Jonas Fränkels Kryptophilologie

Typoskript einer Rede mit handschriftlichen Anmerkungen, verdeckten Partien und angeklebten Hinzufügungen.
Jonas Fränkel, Typoskript der Rede zu
seinem 80. Geburtstag an der Universität
Bern, 1959
© Simon Schmid, NB

Nach den ersten zwei Jahren der Projektlaufzeit werden im Rahmen der Tagung Lesen und Schreiben im Verborgenen. Jonas Fränkels Kryptophilologie vorläufige Ergebnisse der entstehenden Dissertationen zur Diskussion gestellt. Gleichzeitig bietet die Konferenz Raum für vergleichbare Fälle einer Kryptophilologie sowie für verwandte Themen aus den Bereichen Editionsphilologie, soziologische und praxeologische Literaturwissenschaftsgeschichte oder die Paratextforschung.

Kontakt

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Schweizerisches Literaturarchiv
Hallwylstrasse 15
3003 Bern
Schweiz
Telefon +41 58 462 92 58
E-Mail

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