Rettet die Greina! Bryan Thurstons politisch-künstlerisches Engagement

Der Künstler und Architekt Bryan Cyril Thurston trug mit seinem Schaffen und seiner Ausdauer dazu bei, dass die Greina-Hochebene in Graubünden in den 1980er Jahren nicht durch den Bau eines Stausees überschwemmt wurde und heute im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) eingetragen ist. Die Rettung der «Plaun la Greina» gilt heute als Inbegriff eines erfolgreichen Kampfes wider die Landschaftszerstörung.

Von Yves Doerfel

Thurston Greina 1
Bryan Cyril Thurston, «Rettet die Greina!», farbige Kaltnadel, 1979
© Bryan Cyril Thurston

Eine innere Verbindung zur Natur prägt Bryan Cyril Thurston schon seit seiner Jugendzeit in England und Schottland. Er fuhr oft in menschenleere Gebiete, wo er sich von der Einsamkeit und der Grossräumigkeit der Landschaften angezogen und inspiriert fühlte. Seit seiner Ankunft in der Schweiz in den 1950er Jahren suchte er in den Alpen solche natürlichen Rückzugsorte und wurde unter anderem in der Greina-Hochebene fündig. Für ihn war es eine Möglichkeit, dem hektischen Alltag zu entkommen und durch die gewaltige, jedoch lebendige Stille Energie zu tanken. 

Die weitgehend unberührte Natur ist für Thurston «eine Quelle der menschlichen und künstlerischen Inspiration». Diese Gefühle und Eindrücke macht er in seinen Werken sichtbar, etwa in seiner Druckgrafik «Rettet die Greina!». Die natürliche Landschaft hebt sich durch die lebendige Linienführung der Kaltnadel und ihre Farbigkeit hervor, während im Hintergrund die rauen Alpen emporragen. Thurstons Bilder sollen den Betrachtenden die Schönheit der unverfälschten Natur näherbringen und die Liebe zur Bergwelt wachhalten. 

«Viva La Greina»

Thurston Plakat
Bryan Cyril Thurston: «Erhaltet die Greina», Poster, Aquarell auf Papier, 1974
© Bryan Cyril Thurston

Die Greina-Ebene, über die einer der ältesten Alpenpässe führt, wurde ab den 1970er Jahren im ganzen Land bekannt – in der unberührten Berglandschaft sollte ein Wasserkraftwerk mit Stausee gebaut werden. Dies führte zu landesweiten Protesten und Kundgebungen und schliesslich zur Gründung der Greina-Stiftung, in der auch Thurston stark involviert war. In den folgenden 20 Jahren setzte er sich für die Hochebene ein, indem er Interviews führte, Plakate gestaltete und künstlerische Werke schuf, die er in Ausstellungen zeigte. Im Zuge der Greina-Bewegung entstand auch das von Thurston publizierte Buch «Greina – Wildes Bergland», dem er mehrere Werke und Aufsätze beisteuerte. 

In seiner Auseinandersetzung mit der Berglandschaft kommt der «unverdorbene Charakter» der Natur stark zur Geltung. Durch eine Vielzahl von Techniken, etwa Kaltnadelradierung, Aquatinta, Lithographie, Ätzradierung und Aquarell, erreicht Bryan Cyril Thurston ausdrucksstarke Landschaftsszenen, welche die Betrachtenden in ihren Bann ziehen.

Infolge des politischen und künstlerischen Engagements mehrerer Protagonistinnen und Protagonisten wurde das Projekt des Stausees 1986 schliesslich begraben. Die Greina-Stiftung bleibt bis heute relevant und setzt sich für die Erhaltung dieser und anderer schützenswerter Landschaften ein.

Portable Ideenwerkstatt

Thurston Skizzenbücher
Skizzenbücher von Bryan Cyril Thurston mit Seiten zur Greinaebene, zwischen 1997-2000 (Foto: NB, Simon Schmid)
© Bryan Cyril Thurston

Die künstlerische Beschäftigung mit der Greinaebene zeigt sich auch in den Skizzen- und Künstlerbüchern von Bryan Thurston. Stets führt der Künstler auf seinen Studienreisen im In- und Ausland ein Skizzenbuch mit sich. Er hält darin seine Gedanken in Form von Gedichten, Skizzen und künstlerischen Interpretationen fest. Diese meist kleinformatigen Taschenbücher machen seit den späten 1980er Jahren die Interessen des Künstlers nachvollziehbar.

In den knapp 200, in der Graphischen Sammlung der Schweizerischen Nationalbibliothek archivierten Skizzenbücher lassen sich wiederkehrende Motive ausmachen, wobei das Hauptaugenmerk nebst organisch anmutenden Architekturstudien eindeutig auf Naturbeobachtungen, speziell von Bergwelten, liegt. Seine Werke zeigen eine grosse Experimentierfreudigkeit und reichen von naturalistischen Darstellungen bis hin zu abstrakten Interpretationen. Das verbindende Thema des Künstlers ist der sich allzeit im Wandel befindende Prozess der Natur von Werden, Sein und Vergehen. Regelmässige Besuchsorte sind, nebst schottischen und englischen Landschaften, das Tessin mit seinen Tälern sowie die Alpen des Bergells und Italiens. So entstehen zu diesen Regionen Skizzenbucheinträge, aber auch Druckgrafiken und Aquarelle, die Thurston als Verweis auf Vorbilder wie Giovanni Segantini oder Alberto Giacometti versteht. 

Der am 20.09.1933 in Leiston, England geborene Bryan Cyril Thurston absolviert sein Architekturstudium am Willesden Technical College in London mit einem Zwischendiplom des Royal Institute of British Architects, RIBA. Ab 1955 ist er wohnhaft in der Schweiz und führt ab 1976 sein eigenes Architektur– und Malereiatelier. Auch ist er Mitgründer der Werkgruppe «Wind». Parallel zu seiner Arbeit als Architekt bleibt sein künstlerisches Schaffen ein fester Bestandteil seiner Tätigkeit, die er auch im hohen Alter ausgiebig weiterführt.

Literatur und Quellen

Letzte Änderung 31.05.2022

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