«Ratte, die selbst das Labyrinth baut, aus dem sie den Weg nach draussen sucht»– Formen und Entwicklungen des «experimentellen» Schreibens im Ouvroir de littérature potentielle (Oulipo)
Vortrag von Jürgen Ritte, Université de la Sorbonne nouvelle - Paris 3.
Montag, 4. April 2016, 18.15 Uhr, Schweizerische Nationalbibliothek. Eintritt frei.
Oulipien, n.m. : rat qui construit lui-même le labyrinthe dont il se propose de sortir.
Oulipote, n.m.: Ratte, die selbst das Labyrinth baut, aus dem sie den Weg nach draussen sucht.
Dieser nur imaginäre Lexikon-Eintrag resümiert auf parodistisch-humoristische Weise das literarische Produktionskonzept der 1960 in Paris von Raymond Queneau und François LeLionnais gegründeten Autorengruppe Oulipo (Silbenakronym für Ouvroir de littérature potentielle, auf dt. etwa «Werkstatt für potentielle Literatur»). Das literarische Tun der immer noch aktiven Gruppe, zu der, neben den beiden Genannten, auch Autoren wie Marcel Bénabou, Jacques Roubaud, Marcel Duchamp, Georges Perec, Italo Calvino, Hervé Le Tellier, Harry Matthews oder Oskar Pastior gehör(t)en, ist von Anfang an, gleichsam im Vorgriff auf den Rückblick, archivalisch dokumentiert worden. Die Autoren hoben und heben ab auf, wie ein deutscher Kritiker einmal formulierte, «die methodische Erzeugung ästhetischer Zustände». Oder anders: Erforscht werden die Möglichkeiten, Literatur (wie Kunst überhaupt) nach präetablierten Regelwerken hervorzubringen, vorzugsweise mathematischen oder mathematisierbaren Regelwerken (welche auch aus den reichhaltigen «Archiven» der abendländischen Literatur abgeleitet werden dürfen, wie etwa dem deutschen Barock oder den französischen «Grands Rhétoriqueurs» des 16. Jahrhunderts).
Letzte Änderung 04.04.2016