Anna Stüssi, «Ludwig Hohl. Unterwegs zum Werk»

Anna Stüssi, «Ludwig Hohl. Unterwegs zum Werk. Eine Biographie der Jahre 1904 bis 1937», Göttingen, Wallstein Verlag, 2014

So kennt man Ludwig Hohl (1904-1980), den Dichter-Denker, einen der wichtigsten Schweizer Autoren des 20. Jahrhunderts: als Sonderling in einem Genfer Keller hausend, inmitten seiner an Wäscheleinen befestigten Notizzettel. Die Biographie von Anna Stüssi führt hinter dieses Bild und zeigt einen andern Hohl, den jungen, bewegten, weltläufigen. 1924 flieht er mit seiner Freundin aus dem elterlichen Pfarrhaus und der engen Schweiz nach Paris, um dort seine Lebensaufgabe anzupacken: er will ganz Mensch und ganz Künstler werden. Er kostet Einsamkeit, Hunger, Liebe und Freundschaft aus, pendelt ruhelos zwischen Metropolen, Meer und Berggipfeln, auf der Suche nach kreativem Fluss und geistiger Orientierung. 1931 zieht er ins stille Den Haag, wo er ein bisschen sesshaft wird. Während es in Europa immer dunkler wird, erlebt er einen schöpferischen Durchbruch. Der Anspruch, vollendete Erzählungen zustande bringen zu müssend, löst sich auf, endlich kann er seiner Begabung folgen und tun, was ihm liegt: auf abgerissenen Zetteln schubweise von der Welt Notiz nehmen. Als er 1937, bedrängt von den Gläubigern und aus Angst vor dem Krieg, in die Schweiz zurückkehrt, trägt er im Koffer über 1000 Seiten „Notizen" mit - sein fast vollendetes Hauptwerk. Sie zeugen von unablässiger Achtsamkeit nach innen und aussen, einer Arbeit, die Erlittenes und Geschautes in Fragmente poetischer Erkenntnis verwandelt. Hohls bildhafte Rationalität, die sich an Details, Rändern und Übergängen entzündet und die Wahrnehmungsprozesse subtil erforscht, ist von erstaunlicher Modernität.

Anna Stüssi hat sich in den umfangreichen Hohl-Nachlass im SLA vertieft. Anhand von Zitaten aus meist unveröffentlichten Quellen, Tagebüchern, Briefen und anderen Dokumenten erzählt sie den berührenden, ja erschütternden Lebens-Roman eines heimatlosen Menschen, der in schwieriger Zeit lernt, das Notwendige, das Seine zu tun.

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Last modification 17.12.2014

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