Die Notizen zur Fototechnik von Peter Jenny sind erstmals Mitte der 1980er Jahre im vdf Hochschulverlag AG der ETH Zürich erschienen; mittlerweile ist das Buch in der 12. Auflage herausgekommen. Dabei ist es kaum überarbeitet worden. Jennys Kompendium ist offensichtlich ein Longseller. Das überrascht, denn die Digitale Fotografie sucht man vergebens. Notizen zur Farbfotografie hingegen sind darin zu finden, sind aber wie das ganze Werk in schlichtem Schwarz-Weiss gehalten. Jennys Notizen vermitteln noch heute gültiges, einfach verständliches Grundwissen. Vieles in der Fotografie hat sich über die Jahrzehnte nicht verändert. Licht, Ausschnitt, Stimmung, Bildaufbau, Objektiv, Bildsensor und nicht zuletzt die Bildidee sind naturgemäss analog. Nur die Bilddatei ist digital bei den heutigen Kameras, die Art, wie die fotografische Aufnahme gespeichert wird.
Ich lernte das Buch vor 23 Jahren kennen, an der Schule für Gestaltung in Bern. Der damalige Dozent für Fotografie, Hans Baumann, verwendete es als Lehrmittel in seinen Foto- und Laborkursen. Sehr gut kann ich mich erinnern, wie mein Kollege und ich auf der Lorrainebrücke mit Stativ, Analogkamera, Filmen ausgerüstet und Jennys Notizen zur Hand, einen geeigneten Platz zum Fotografieren gesucht haben. «Mitziehen» der vorbeifahrenden Autos mit langer Verschlusszeit, lautete die Aufgabe. Es ist gar nicht einfach, die Mitziehbewegung äquivalent der Geschwindigkeit vorbeifahrender Autos anzupassen, und auch das Resultat konnte nicht direkt nach der Aufnahme kontrolliert werden. Zahlreiche Auslösungen später traf man sich im Fotolabor wieder. Noch ein kurzer Blick in die Notizen, dann ging’s ab in die Dunkelkammer. Ein Handgriff genügte, um die Laborutensilien auch bei absoluter Dunkelheit wieder zu finden, vorausgesetzt, wir hatten sie vorher bei Licht an ihrem Platz aufgestellt, wo sie hingehörten. Beim Öffnen der Filmpatrone und dem Einfädeln auf die Spirale musste es absolut finster sein. Auf die Filmentwicklung folgte die Trocknung und natürlich die Sichtung. Ist etwas drauf auf dem Film, dem Negativstreifen? Ist es auch scharf? Zuerst Spannung, dann Hochspannung – bis zur Gewissheit, dass sicher ein Foto für die Weiterverarbeitung verwertbar war. Schlagartig fiel die Spannung ab und im Nu stellten sich Gefühle der Erleichterung und der Zufriedenheit ein. Es gibt Bilder, die bei mir noch heute exakt die Erinnerungen an diese Momente von damals wachrufen.
Kürzlich hatte ich Jennys Notizen per Zufall in der Nationalbibliothek wieder entdeckt. Unglaublich, das Buch gibt es noch, dachte ich! Und augenblicklich fühlte ich mich beim Blättern in meine Ausbildungszeit zurückversetzt.
Notizen zur Fototechnik empfehle ich allen, die gerne fotografieren, egal ob mit einer Digital- oder einer Analogkamera. Vielleicht weckt es sogar die Lust, sich selber einmal in die «Dunkelkammer» zu begeben, einen Film zu entwickeln oder Analogabzüge herzustellen.
Simon Schmid
Leiter Foto- und Reprografie